Die Fachgewerkschaft für die Beschäftigten der Post, Postbank, Telekom und Call-Center

Amtsangemessene Bundesbesoldung und -versorgung

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Bundesbesoldung und -versorgung – Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz (BBVAngG)

  • Foto: DPVKOM
    Statement der DPVKOM-Bundesvorsitzenden Christina Dahlhaus

Hierzu hat es auf Initiative unserer Bundesvorsitzenden Christina Dahlhaus, die auch Gruppensprecherin der Bundesbeamten ist, einen Austausch mit allen Bundesbeamtengewerkschafteten des dbb beamtenbund und tarifunion gegeben.

Unser Dachverband dbb beamtenbund und tarifunion und somit auch die Fachgewerkschaft DPVKOM lehnt den Gesetzentwurf vollumfänglich ab.

 

Unsere Hauptkritikpunkte sind:

Alimentativer Ergänzungszuschlag (AEZ)

Der Entwurf sieht die Schaffung eines Alimentativen Ergänzungszuschlags (AEZ) vor, der sich an der Anzahl der Kinder und der Mietenstufe nach der Wohngeldverordnung orientiert.

Der AEZ soll in Fällen, in denen kindergeldberechtigende Kinder zur Familie der Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger gehören, eine verfassungskonforme Besoldung sicherstellen.

Mit dem AEZ soll in den unteren Besoldungsgruppen die Summe aus Grundbesoldung und Familienzuschlag so weit aufgestockt werden, dass der Abstand von 15 % zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum erreicht wird. Der AEZ wird mit steigender Besoldungsgruppe abgeschmolzen. Das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Verbot einer deutlichen Abschmelzung der Abstände zwischen zwei Besoldungsgruppen soll dadurch umgesetzt werden, dass der Unterschied zwischen zwei benachbarten Abschmelzbeträgen maximal 9,5 Prozent des nominellen Abstandes zwischen zwei aufeinanderfolgenden Besoldungsgruppen in der gleichen Erfahrungsstufe beträgt.

Wir lehnen die Einführung eines AEZ ausschließlich an kindergeldberechtige Beamte in Abhängigkeit vom Wohnort inklusive der Abschmelzbeträge ab. Das strukturell und systematisch neue Besoldungselement eines AEZ einschließlich der dabei anzuwendenden „Abschmelzbeträge“ vermag unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht zu überzeugen.

Etablierung einer Nebenbesoldung

Es ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass mit dem Gesetzentwurf die immens gestiegenen Lebenshaltungskosten Berücksichtigung in der Besoldung finden sollen, da Miete und Nebenkosten einen wesentlichen Faktor bei der Lebensführung darstellen.

Diese Berücksichtigung darf jedoch aus unserer Sicht nicht in Form eines Zuschlages in Abhängigkeit von der Anzahl der Kinder und des Wohnortes stattfinden, mit dem eine kinderbezogene Nebenbesoldung etabliert wird, sondern muss Eingang in die Grundbesoldung finden.

Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten muss in ihrem Kernbestand grundsätzlich derart gestaltet sein, dass sie nicht auf „Wohngeld“ bzw. einen AEZ in Abhängigkeit vom Wohnort angewiesen sind.

Erst nach der realitätsgerecht vorgenommenen Sicherstellung des Grundsicherungsniveaus durch eine entsprechende Grundbesoldung sind durch den Besoldungsgesetzgeber zusätzlich hinzutretende kinderbezogene Besoldungsbestandteile zu regeln.

Wahrung des internen Abstandsgebots (Besoldungsgefüge)

Zudem scheint der Lösungsansatz des AEZ verfassungsrechtlich auch deswegen bedenklich, da mit ihm das Gesamtgefüge der Alimentation weg vom Amt hin zu den sonstigen Faktoren der Anzahl der Kinder und des Wohnortes verschoben wird. Durch diese sonstigen Faktoren nimmt die Grundbesoldung im Rahmen der gewährten Gesamtbesoldung einen wesentlich geringeren Anteil ein.

Der Hinweis des BMI, dass die Überprüfung des internen Abstandsgebots allein anhand des Grundgehaltes zuzüglich eventuell zustehender Amtszulagen (unabhängig von der familiären Situation) zu prüfen sei, trägt nicht. Aus unserer Sicht zielt das Abstandsgebot nicht auf eine Besoldungsdifferenz zwischen Beamten mit unterschiedlich vielen Kindern, sondern zwischen Beamten aus verschiedenen Besoldungsgruppen mit derselben Anzahl an Kindern bzw. allgemein dem gleichen familiären Alimentationsbedarf ab.

Alleinstehende und Verheiratete ohne Kinder werden vom AEZ ausgeschlossen

Durch die vorliegende Anknüpfung des AEZ an die Kindergeldberechtigung werden alleinstehende Beamtinnen und Beamte sowie Verheiratete von der Gewährung des AEZ ausgenommen. Besonders Beamtinnen und Beamte der unteren Besoldungsgruppen sind jedoch, auch wenn sie alleinstehend oder verheiratet sind, angesichts der steigenden Lebenshaltungs- und Mietkosten nicht nur aber besonders in teuren Wohngebieten darauf angewiesen, dass diese Kosten sich angemessen in der Besoldung widerspiegeln.

Teilzeitbeschäftigte werden nicht angemessen berücksichtigt

Der AEZ wird durch die Aufnahme des Begriffs in die Dienstbezüge bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der Arbeitszeit gekürzt wird. Betroffen sind davon insbesondere teilzeitbeschäftigte Frauen und dabei besonders Alleinerziehende, welche die steigenden Lebenshaltungskosten allein tragen müssen und diese unabhängig von dem Beschäftigungsumfang zu bewältigen haben.

Kostengünstige Lösung zu Lasten besoldungsrechtlicher Transparenz

Mit dem AEZ rechnet sich das BMI an die vom Bundesverfassungsgericht definierte Untergrenze einer amtsangemessenen Alimentation heran. Ziel des Gesetzentwurfs war es somit nicht, klare, transparente und für jede Beamtin/jeden Beamten nachvollziehbare Regelungen zu treffen und die Besoldung langfristig amtsangemessen und zukunftsfest fortzuentwickeln. Im Vordergrund stand die Entwicklung der „kostengünstigen“ Lösung, die ausschließlich „auf Kante“ genäht ist, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts „gerade so“ zu erfüllen.

Bemessung des Grundgehalts und Anhebung der Eingangsstufen

Der Entwurf sieht neben einer Streichung der Besoldungsgruppe A 3 als Eingangsamt für die Laufbahn des einfachen Dienstes eine generelle Anhebung der Eingangsstufe bei den Besoldungsgruppen A 4 auf die Stufe 5 und bei den Besoldungsgruppen A 6 oder A 7 auf die Erfahrungsstufe 3 vor. Die Anhebung wird zwar grundsätzlich begrüßt, da damit die Besoldung der betroffenen Beamtinnen und Beamten mindestens auf 115 Prozent des sozialhilferechtlichen Mindestsicherungsniveaus angehoben werden soll.

Gleichwohl ist aus unserer Sicht diese Maßnahme als Mittel zur Beseitigung der festgestellten Unteralimentation bzw. Einhaltung des Mindestabstandsgebots zum sozialhilferechtlichen Mindestsicherungsniveau ungeeignet.

Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, nicht nur bei den untersten, sondern bei allen Besoldungsgruppen eine Anhebung des Grundgehalts vorzunehmen und den vorhandenen Erfahrungsstufenzuschnitt bei allen Besoldungsgruppen in der bewährten und bekannten Form zu belassen.

Nur auf diese Weise wird dem internen Abstandsgebot zur Erhaltung des Besoldungsgefüges und dem Leistungsgrundsatz Rechnung getragen.

Kritik an pauschalierender Berücksichtigung eines Partnereinkommens

Als weiteren „Lösungsansatz“ wählt das BMI die Berücksichtigung eines pauschalierten (fiktiven) Partnereinkommens. Die zur Wahrung des Abstandes zur sozialen Grundsicherung erforderliche Nettobesoldung werde künftig in der Weise ermittelt, dass regelmäßig auch von der Ehepartnerin bzw. vom Ehepartner der Beamtin bzw. des Beamten oder der mit ihr oder ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Partnerin oder des mit ihr oder ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Partners ein ergänzender Beitrag zum gemeinschaftlichen Unterhalt der Ehe bzw. der Lebensgemeinschaft zu erwarten sei. Als Mindestrechengröße soll dabei pauschalierend ein Einkommen in Höhe einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 SGB IV (sog. Minijob, aktuell 538 Euro/Monat) unterstellt und der Berechnung zugrunde gelegt werden.

Mit der Berücksichtigung eines pauschalierten Partnereinkommens zur Berechnung der Einhaltung der Mindestbesoldung vollzieht das BMI eine Abkehr von dem der Besoldung bislang zugrundeliegenden Modell der Alleinverdiener-Ehe hin zum Modell einer Hinzuverdiener-Ehe.

An der Verfassungsmäßigkeit dieser grundlegenden besoldungsstrukturellen Entscheidung sind aus unserer Sicht zumindest Zweifel angebracht.

Mit der amtsangemessenen Alimentation soll ein qualitativer Unterschied zwischen Alimentation und sozialrechtlicher Grundsicherung zum Ausdruck gebracht werden. Jede Beamtenfamilie, deren Alleinverdiener dem Staat vollzeitig seinen Dienst leistet, muss mit Blick auf die erlangte Nettoalimentation besser dastehen als eine vergleichbare Familie, die Leistungen der Grundsicherung bezieht und in der kein Erwachsener arbeitet. Dieser qualitative Unterschied wird verwässert, wenn die staatliche Alimentationspflicht teilprivatisiert wird.

Aus unserer Sicht ist daher die Bemessung der Besoldung weiterhin allein nach dem Modell der Alleinverdienerehe mit zwei Kindern vorzunehmen. Nur damit wird das bestehende und bewährte Grundprinzip der Besoldung gewahrt und dem Ausgangspunkt jeder Berechnung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bestimmung einer amtsangemessenen Besoldung Rechnung getragen.

Aus unserer Sicht verfolgt das BMI nicht das Ziel, ein gerechtes und zweckmäßiges Besoldungssystem zu schaffen, sondern ist ausschließlich darauf bedacht, die Mindestvorgaben des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten. Indem der Entwurf sich an die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Untergrenzen „heranrechnet“ wird nur das Minimalziel verfolgt, die aktuelle Besoldung so anzupassen, dass sie nach den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts nicht offensichtlich verfassungswidrig ist.

Der Gesetzgeber muss im weiteren parlamentarischen Verfahren endlich besoldungsrechtliche Regelungen treffen, die den Beamtinnen und Beamten nicht nur die absolute unterste Grenze der Mindestalimentation sichern, sondern eine dauerhaft verfassungsgemäße, leistungsgerechte, transparente und attraktive Besoldung garantieren.

Diesem Anspruch wird der vorliegende Gesetzentwurf nicht ansatzweise gerecht.

Unsere Hauptforderung:

Einzig die Anhebung der Grundbesoldung in Gänze ist der rechtlich richtige und tatsächlich praktisch zutreffende Weg, da nur dadurch das Abstandgebot gerecht und transparent eingehalten werden kann.