Wieder konnte unsere Fachgewerkschaft mittels Rechtsschutz einem Mitglied bei der Abwehr einer Regressforderung seitens der Deutschen Post AG helfen. Im vorliegenden Fall spielten die seit der Corona-Pandemie etablierte „ZU-Zustellung“ und die im Manteltarifvertrag vereinbarte Ausschlussfrist eine große Rolle.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Zustellerin musste unser Mitglied im März 2022 ein Paket an eine Kundin ausliefern. Bei der Kundin handelte es sich um eine Firma. Unser Mitglied stellte das Paket mit der Modalität „01: Empfänger: Firma XXX“ zu. Im Unterschriftenfeld waren ein „Z“ und ihre Unterschrift von der Handscanneranmeldung lesbar. Da das Paket abhandenkam, wurde die Beschäftigte von der Deutschen Post in Regress genommen. In ihrer Stellungnahme vom Februar 2023 erklärte sie unter anderem, dass sie an diesem Tag alle Pakete bei der Firma XXX am Rolltor ausgeliefert habe. Unserem Mitglied wurde von der Arbeitgeberin vorgeworfen, dass sie das Risiko einer gegenüber dem Absender nicht nachweisbaren ordnungsgemäßen Sendungsauslieferung eingegangen sei. So habe sie bei der Auslieferungsdokumentation nicht angegeben, an wen sie die Sendung tatsächlich ausgeliefert habe. Dies stelle eine Missachtung der Auslieferungsvorschriften dar. Der Verbleib der Sendung sei im Nachhinein nicht mehr nachweisbar. Unser Mitglied hatte nur eine juristische Person, nämlich die Firma XXX, angegeben. Hier hätte sie eine natürliche Person (beispielsweise den annehmenden Mitarbeiter der Firma) angeben müssen. Bei jeder Zustellung muss die korrekte Annehmerrolle dokumentiert werden. Im vorliegenden Fall sei keine korrekte Dokumentation im Auslieferungsnachweis erfolgt. Die Arbeitgeberin wertete dies als grob fahrlässiges Verhalten und nahm vor diesem Hintergrund unser Mitglied unter Verweis auf § 12 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (MTV-DP AG) in Höhe von 507,00 Euro in Regress.
Inregressnahme wegen Ausschlussfrist nicht möglich
Im Rahmen eines Einspruchs gegen die Zahlungsaufforderung legten die Rechtsanwälte des zuständigen dbb Dienstleistungszentrums dar, dass eine Inregressnahme unseres Mitglieds aufgrund der im MTV festgelegten Ausschlussfrist nicht möglich sei. Gemäß § 38 MTV (Ausschlussfrist) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Auschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Im vorliegenden Fall wurde die Sendung im März 2022 zugestellt. Erst ein Jahr später im Februar 2023 wurde unser Mitglied zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Damit war die Ausschlussfrist gegenüber unserem Mitglied abgelaufen.
"ZU-Unterschrift" gilt als Empfangsbestätigung
Ferner stellte es keinen grob fahrlässigen Fehler dar, dass im Unterschriftenfeld ein „Z“ und die Unterschrift der Zustellerin von der Handscanneranmeldung lesbar waren. Im Jahr 2022 durfte vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie die ZU-Zustellung (auch bekannt als Z-Zustellung oder Q-Zustellung) von den Zustellerinnen und Zustellern angewendet werden. Diese Zustellungsform hat sich etabliert und ihren Weg in die Auslieferungsvorschriften der Deutschen Post AG gefunden. Gemäß dem aktualisierten Handbuch „Meine Paketzustellung“ der Deutschen Post AG werden nachzuweisende Sendungen entweder gegen die Unterschrift des Empfangsberechtigten oder gegen die Unterschrift der Zustellkraft („ZU-Unterschrift“) ausgeliefert. Ob die Unterschrift des Empfangsberechtigten einzuholen ist oder die Unterschrift der Zustellkraft ausreicht, zeigt der Handscanner an: Entweder fragt der Handscanner während des Auslieferungsvorgangs, ob die hinterlegte ZU-Unterschrift genutzt werden soll, oder er führt die Zustellkraft in das Unterschriftendisplay. Liegt ein gültiger Ablagevertrag vor, kann dieser entsprechend den gültigen Regelungen genutzt werden – unabhängig davon, welche Unterschrift bei einer persönlichen Übergabe einzuholen wäre.
Im November 2023 hat die Deutsche Post AG letztendlich von der weiteren Inanspruchnahme unseres Mitglieds abgesehen und dies auch entsprechend schriftlich bestätigt. Darin heißt es, dass dem „Einspruch“ stattgegeben wurde und von der Regressforderung Abstand genommen wird. Eine weitere Begründung führt die Deutsche Post AG nicht an. Damit hat die DPVKOM mit ihrem Rechtsschutz die Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 507,00 Euro für unser Mitglied abwenden können.