Bislang vier Verhandlungsrunden und schon zahlreiche Streiks der Beschäftigten – so lautet Mitte Mai der Zwischenstand in Sachen Telekom-Tarifrunde 2024.
Obwohl die DPVKOM bereits frühzeitig ihre Tarifforderungen beschlossen und kommuniziert hatte, war sie an den bisherigen Verhandlungsrunden nicht beteiligt. Zu den konkreten Tarifforderungen unserer Fachgewerkschaft für die rund 55.000 Tarifkräfte der Deutschen Telekom AG, der Telekom Deutschland GmbH, Deutschen Telekom Technik GmbH, Deutschen Telekom Service GmbH und DT Außendienst GmbH zählen ein Sockelbetrag von 500 Euro für alle Beschäftigten sowie darauf aufbauend eine Entgeltsteigerung von 12 Prozent. Darüber hinaus sollen die Ausbildungsvergütungen und die Vergütung für dual Studierende um monatlich 200 Euro angehoben werden. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll 12 Monate betragen. Des Weiteren fordert die DPVKOM einen Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis zum Jahr 2026.
Verhandlungen mit DPVKOM an Bedingungen geknüpft
Bereits im Vorfeld der Tarifverhandlungen hatte die DPVKOM Gespräche über die Weiterführung der Tarifpartnerschaft mit dem Arbeitgeberverband (AGV) der Telekom geführt. Kurz vor Beginn der Tarifrunde im April hatte der AGV als Bedingung für Verhandlungen mit der DPVKOM verlangt, dass unsere Fachgewerkschaft das Arbeitgeberangebot aus der Tarifrunde 2022 nachträglich annimmt. Damit sollte die DPVKOM das schlechte Tarifergebnis des gewerkschaftlichen Mitbewerbers anerkennen. Die DPVKOM hatte das Angebot in der Tarifrunde 2022 nach ausführlicher Diskussion in ihren Gremien jedoch explizit abgelehnt. Es entsprach weder unseren damaligen Forderungen noch hätte es einen realen Lohnzuwachs für die Beschäftigten gebracht. Im Gegenteil. Im Nachhinein hat der damalige Tarifabschluss aufgrund der hohen Inflation einen Nettolohnverlust für die Mitarbeiter zur Folge gehabt. Im Bundesvorstand der DPVKOM wurde dieser „Erpressungsversuch“ vonseiten des Arbeitgebers sehr kritisch diskutiert.
Anfang April fand ein weiteres Gespräch mit dem AGV statt. Darin machten die DPVKOM-Vertreter, angeführt von der Bundesvorsitzenden Christina Dahlhaus deutlich, dass diese „Kröte“ – also Unterzeichnung des Tarifvertrages aus dem Jahr 2022 – nur dann von uns geschluckt werden könnte, wenn die Tarifzuständigkeit der Fachgewerkschaft DPVKOM auf alle 22 tarifierten Unternehmen im Telekom-Konzern ausgeweitet wird. Diese Forderung resultiert aus der Handlungsweise des Konzerns. Dieser hat in der Vergangenheit durch einseitige gesellschaftsrechtliche Verschiebungen von Unternehmensteilen dafür gesorgt, dass die DPVKOM immer weniger Mitglieder tariflich vertreten kann. So wurden beispielsweise Teile aus der T-Systems mit dem Betrieb Geschäftskundenvertrieb zusammengelegt oder auch der Betrieb ISP aus der DT Außendienst in die ISP GmbH verlagert. In beiden Fällen verweigerte der Arbeitgeber die Tarifzuständigkeit der DPVKOM für die neuen Betriebe. Mit der Forderung nach der Tarifpartnerschaft in allen Konzernunternehmen wollen wir diesen Spielchen ein Ende bereiten.
Arbeitgeber verweigert Ausweitung der Zuständigkeit
In einem weiteren Gespräch zwischen Vertretern der DPVKOM und des Arbeitgebers Ende April wurde unserer Fachgewerkschaft mitgeteilt, dass der Arbeitgeber unserer Forderung nach einer Ausweitung der Tarifzuständigkeit nicht nachkommen werde. Es wurde vielmehr weiterhin verlangt, dass die DPVKOM die Tarifverträge aus dem Jahr 2022 klammheimlich nachzeichnet, um am Tariftisch weiter verhandeln zu können. Der DPVKOM-Bundesvorstand hat deshalb am 3. Mai 2024 einstimmig beschlossen, dass die DPVKOM die Entgelttarifverträge aus der Tarifrunde 2022 nicht nachträglich unterschreiben wird. Wir bleiben bei unserer Meinung, halten Kurs und lassen uns vor allem nicht erpressen! Schlechte Tarifverträge bleiben schlecht und wenn es keinen zusätzlichen Nutzen für die Mitglieder der DPVKOM gibt, verzichten wir auf eine solche Tarifpartnerschaft.
Dessen ungeachtet hat die DPVKOM auch zukünftig die Möglichkeit und das Recht, ihre Forderungen und Meinungen in tariflichen Angelegenheiten einzubringen. Aufgrund
des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die DPVKOM nach der Aufnahme von Tarifverhandlungen mit unserem gewerkschaftlichen Mitbewerber, egal zu welchem Thema und in welchem Konzernunternehmen, anzuhören und zu informieren, was dort verhandelt wird. Dieses TEG sieht vor, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft in einem Betrieb Tarifverträge abschließen kann, die dann für alle Mitarbeiter gelten. Aufgrund der verpflichtend vorgesehenen Anhörungstermine hat die DPVKOM die Möglichkeit, die berechtigten Belange unserer Mitglieder bei allen Tarifverhandlungen in allen Konzernunternehmen dem Arbeitgeber nahezubringen.
Auch wenn die DPVKOM vor diesem Hintergrund keine eigenständigen Entgelttarifverhandlungen führt, können unsere Mitglieder natürlich an allen im Konzern stattfindenden Arbeitskampfmaßnahmen teilnehmen. Die DPVKOM hat ihren Mitgliedern freigestellt, sich solidarisch an Streikaktionen zu beteiligen. Denn Streikrecht ist Grundrecht. Jeder Mitarbeiter, egal in welcher Gewerkschaft er Mitglied ist, kann sich an Streiks beteiligen. Dies gilt auch für Beschäftigte, die gar nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Dass Solidarität für unsere Mitglieder bei der Telekom kein Fremdwort ist, zeigen die Streikmaßnahmen in den vergangenen Wochen. So streikten Mitglieder der DPVKOM unter anderem in Gera und Schwerin. Dieser Kampfeswille ist gut und wichtig, wird damit doch der Druck auf die Arbeitgeberseite noch einmal erhöht. Bislang hat die Telekom nämlich völlig unzureichende Angebote vorgelegt, die weit hinter unseren Tarifforderungen zurückbleiben.
Karlheinz Vernet Kosik