Ein Arbeitnehmer sollte bei der Arbeit eine rote Hose tragen. Stattdessen trug er lieber eine schwarze Hose. Das brachte ihm nach fast neun Jahren Beschäftigung die Kündigung.
Der 43-jährige Handwerksmeister war bei der Beklagten, einem Industriebetrieb, seit dem 1. Juni 2014 im Bereich der Produktion beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörten unter anderem Arbeiten mit Kappsägen und Akkubohrern zum Zuschnitt beziehungsweise der Montage von Profilen sowie knieende Arbeiten.
Bei der Beklagten gab es eine Kleiderordnung. Danach stellte die Arbeitgeberin für alle betrieblichen Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik funktionelle Arbeitskleidung zur Verfügung. Dazu gehörten auch rote Arbeitshosen, die in den genannten Bereichen zu tragen waren. Gründe für diese Vorgabe waren die Wahrung der Identität des Unternehmens, die Geeignetheit als Signalfarbe zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie zur unmittelbaren Erkennbarkeit der eigenen Mitarbeitenden in Abgrenzung zu externen Beschäftigten. Die Tragepflicht dieser Hose wurde im Oktober 2023 in der Hausordnung festgelegt. Ob es sich bei den roten Hosen um Arbeitsschutzkleidung handelte, war aber erstinstanzlich streitig. Die rote Arbeitsschutzhose hatte der Kläger zuvor jahrelang bei der Arbeit getragen. Doch im Oktober 2023 legte sein Arbeitgeber diese Pflicht in der Hausordnung fest.
Obwohl der Kläger die rote Arbeitsschutzhose zuvor jahrelang bei der Arbeit getragen hatte, erschien er im Oktober 2023 an zwei Arbeitstagen nicht in der roten, sondern in einer schwarzen Hose. Dafür wurde er Anfang November abgemahnt. Im gleichen Monat trug er an zwei weiteren Tagen ebenfalls nicht die vorgeschriebene rote Arbeitshose. Trotz der entsprechenden Aufforderung durch den Arbeitgeber und einer weiteren Abmahnung kam er der Tragepflicht nicht nach, sodass sein Arbeitsverhältnis Ende November fristgerecht zum 20. Februar 2024 ordentlich gekündigt wurde.
Tragepflicht ist laut Gericht gerechtfertigt
Mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht Solingen wehrte sich der Beschäftigte unter anderem gegen die Kündigung. Außerdem möge er rote Hosen nicht. Er war der Auffassung, dass dem Arbeitgeber bezüglich der Hosenfarbe kein Direktionsrecht zustehe. Das Arbeitsgericht widersprach dieser Auffassung und wies die Klage ab. In seinem Urteil vom 15. März 2024 – Az. 1 Ca 1749/23 – stellte es klar, dass aufgrund des Vortrags der Arbeitgeberin zu der Schutzklasse der roten Hosen davon auszugehen sei, dass es sich um Arbeitsschutzkleidung handelte. Dies und die drei weiteren Gründe für die Kleiderordnung rechtfertigen die Anordnung zum Tragen der roten Hose. Das ästhetische Empfinden des Klägers betreffend der Hosenfarbe überwiege diese Interessen nicht.
Auch mit seiner Berufung gegen dieses Urteil vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte der Kläger keinen Erfolg. So bestätigte das LAG in seinem Urteil vom 16. Mai 2024 – Az. 3 SLa 224/24 – die Kündigung und damit die Argumentation des Arbeitsgerichts Solingen in erster Instanz im Wesentlichen. Das Gericht führte aus, dass es sich hier im Kern um eine beharrliche Arbeitsverweigerung handele und der Arbeitnehmer die Sache komplett in die Eskalation getrieben habe. Dabei spielte es auch keine unerhebliche Rolle, dass der Kläger die rote Hose jahrelang getragen habe. Das Gericht konnte die Beweggründe des Klägers nicht nachvollziehen.
Nach der Sphärentheorie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei hier lediglich die Sozialsphäre des Arbeitnehmers betroffen, so das Arbeitsgericht in Solingen. In dieser dürfe der Arbeitgeber mit seinem Weisungsrecht eingreifen, wenn er berechtigte Belange vorbringe. Das sei hier mit Verweis auf die Arbeitssicherheit geschehen: Rot sei eine Signalfarbe, die in den Hallen des Arbeitgebers tatsächlich besser zu sehen sei als dunkle Farben. Die Regelung habe der Arbeitgeber auch wirksam in der Hausordnung festgelegt.
Da das Gericht keine Revision zuließ, war der Streit um die rote Arbeitshose damit zu Lasten des Klägers entschieden. Nach über neun Jahren verlor der Handwerksmeister damit seinen Job. Vor diesem Hintergrund kann die DPVKOM ihren Mitgliedern nur raten, vergleichbaren Tragepflichten in den jeweiligen Unternehmen nachzukommen.
Jessica Mathieu