Zustellerinnen und Zusteller sind oftmals aggressiven Beleidigungen, Anfeindungen und in manchen Fällen sogar körperlicher Gewalt seitens der Kunden ausgesetzt. Das zeigen unter anderem die Rechtsschutzfälle von Mitgliedern, die die DPVKOM in diesem Zusammenhang erreichen.
Dabei offenbaren sich uns die bedrohlichen Zustellsituationen, denen Zustellerinnen und Zusteller tagtäglich ausgesetzt sind. Auch verdeutlichen Medienberichte, dass es diesbezüglich ein Problem gibt, das im Sinne der Beschäftigten gelöst werden muss. So stellt die DHL Group seit geraumer Zeit in einem Hochhaus in Duisburg keine Pakete mehr zu. Sie begründet das mit Sicherheitsbedenken. Wiederholt kam es dort zu bedrohlichen Zustellsituationen, insbesondere zum Diebstahl von Paketsendungen. Die Pakete der Post sollen bis auf Weiteres in die Postfiliale statt an das Hochhaus geliefert werden. Briefe werden weiterhin zugestellt, zumindest, wenn nicht wieder die Briefkästen aufgebrochen oder Namensschilder abgerissen werden.
Auch Fälle sexueller Belästigung, Stalking oder auch (rassistischer) Beleidigungen und Körperverletzung kommen immer wieder vor. Zustellerinnen und Zusteller durchleben teilweise eine Tortur über einen längeren Zeitraum, in dem sie den Tätern schutzlos ausgeliefert sind. Schließlich dauert es oftmals (zu) lange, bis mögliche Straftaten durch die Opfer zur Anzeige gebracht werden.
Frauen sind häufig Opfer
Opfer von solchen Belästigungen sind oftmals Frauen. In einem uns vorliegenden Rechtsschutzfall wurde eine Zustellerin seit Längerem von einem Kunden verfolgt, beschimpft und sexuell belästigt. Der Kunde konnte die Ablehnung der Zustellerin auf seine Liebesbekundungen nicht akzeptieren, so dass sich seine zuvor geäußerte Zuneigung plötzlich in Hass und Wut wandelte. Zuletzt lauerte der Kunde unserem Mitglied während der Zustellung auf und schlug sie auf den Hinterkopf. Die Polizei wurde eingeschaltet und ein Strafverfahren in Gang gesetzt.
In einem anderen Fall traf es eine junge Zustellerin. Sie wurde während der Zustellung ebenfalls Opfer eines ungehaltenen Kunden. Der Kunde wollte eine Paketsendung am Zustellfahrzeug abholen. Da sich unser Mitglied gerade in der Pause befand, bat sie ihn um Geduld bis zum Ende ihrer Pause. Der Kunde hatte jedoch keine Geduld und wurde wütend. Er konnte sich nicht ausweisen und machte auch keine nachvollziehbaren Angaben, damit unser Mitglied ihm seine Paketsendung übergeben konnte. Der Kunde lauerte unserem Mitglied noch öfter auf und auch die Polizei wurde zwischenzeitlich eingeschaltet. Zuletzt zeigte der Kunde unser Mitglied dann wegen Postunterdrückung an. Die Arbeitgeberin versetzte unser Mitglied nach einiger Zeit in einem anderen Bezirk.
Mit welchen Gefahren Zustellerinnen und Zusteller mittlerweile konfrontiert werden, zeigt der nachfolgende Fall: Dabei verletzte sich eine Zustellerin, die bei uns organisiert ist, an einem Briefkasten, der von Unbekannten von innen mit Rasierklingen präpariert und damit manipuliert wurde. Auch keine Seltenheit sind streitige Situationen im Straßenverkehr, bei denen sich Fahrzeugführer über die Parkweise der Zustellerinnen und Zusteller aufregen. Im Verlauf dieser Streitigkeiten werden die Zustellerinnen und Zusteller oftmals beleidigt und mit der Ausübung körperlicher Gewalt bedroht.
Bei diesen Anfeindungen und Belästigungen von Beschäftigten der Deutschen Post fordert unsere Fachgewerkschaft mehr Unterstützung durch den Arbeitgeber und auch durch die Politik. Aussagen vonseiten der Post wie „Das ist Strafrecht und damit Sache des Mitarbeiters“ sind unangebracht und tragen nicht zu einer Lösung des Problems bei. Der Arbeitgeber hat eine Verantwortung für seine Beschäftigten. Dieser kann er beispielsweise dadurch gerecht werden, indem er Kunden von der Zustellung ausschließt, wenn es zu Angriffen jeglicher Art auf Zusteller kommt. In solchen Fällen sollte die alternative Zustellmethode Abholung der Sendung in einer Agentur oder Filiale angeboten werden. Auch die Politik muss hier im Sinne der Beschäftigten aktiv werden. Zum einen müssen solche Angriffe gegen die Beschäftigten privatisierter, ehemaliger Staatsbetriebe wie Post, Telekom oder auch Bahn, rigoros verfolgt und geahndet werden. Zum anderen würden ausgewiesene Park- und Haltebereiche von Zustellfahrzeugen insbesondere in Städten helfen, für die Mitarbeitenden „brenzlige“ Situationen mit anderen Straßenverkehrsteilnehmern zu entschärfen.
Auch unser Dachverband dbb beamtenbund und tarifunion und seine Jugendorganisation dbb jugend haben das Thema auf der Agenda und warnen bereits, die Gewalt gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und Vertretern der Politik nehme „immer schlimmere, nicht mehr hinnehmbare Ausmaße an“. Die dbb jugend fordert von den Arbeitgebern unter anderem ganzheitliche, verbindliche Sicherheitskonzepte zur Prävention und Hilfe sowie eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber verbalen und körperlichen Angriffen. Diesen Forderungen schließt sich die DPVKOM an. Wir müssen der Entwicklung der zunehmenden Gewalt gemeinsam Einhalt gebieten.
Jessica Mathieu