RECHT Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf Strafbare Social-Media-Beiträge rechtfertigen eine Kündigung nicht immer y a b a x P i : o t o F Ein Facebook-Post mit antisemitischen Inhalten kann den Job kosten. Entschei- dend ist, ob und wie der Arbeitgeber erkennbar betroffen ist. Im Mittelpunkt des Falls steht ein Arbeitnehmer, der seit 2017 als Schlosser für ein Unternehmen in Deutschland, der Y-AG (Unternehmensname geändert), tätig war. Ursprüng- lich war er dort als Auszubildender beschäftigt worden. Nach der Ausbildung wurde er übernommen. Das Arbeitsverhältnis bestand zuletzt mit der heutigen Arbeitgeberin, einer rechtlich selbstständigen Nachfolgegesellschaft, die wei- terhin unter dem Dach des bisherigen Unternehmens angesiedelt ist. Am 31. Oktober 2023, kurz nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, fragte er auf seinem privaten – öffentlich zugängli- chen – Facebook-Account, wann denn die nächste Demo „gegen Juden“ in NRW laufe, ergänzt um die Formulierung „Wird Zeit, dass Rheinhausen bebt“. Zusätz- lich teilte er ein Video, das zeigte, wie ein Flugzeug aus Israel in der Republik Dagestan landete, von einem Mob in Empfang genommen wurde, der gezielt Israelis aus dem Flieger zerrte und zum Teil schwer verletzte. Den Kommentar dazu versah er mit den Worten: „Das sind Männer […] Ehrenmänner“. Was zunächst als private Meinung gepostet wurde, zog schnell weite Kreise. Über einen anonymen Hinweis gelangte die Information an die Y-AG, die den Mann jedoch nicht mehr als Mitarbeiter zuordnen konnte. Aufgrund der noch im Facebook-Profil vorhandenen Informationen „Hat angefangen, bei der Y-AG zu arbeiten“ (aus dem Jahr 2017) wurde der Fall an die Nachfolgegesellschaft – also die aktuelle Arbeitgeberin des Schlossers – weitergeleitet. Nach einem Personalgespräch mit dem Mitarbeiter und Rücksprache mit dem Betriebsrat kündigte die Arbeitgeberin am 15. November 2023 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Januar 2024. Der Schlosser erhob Kündigungsschutzklage. ⁄ KÜNDIGUNGSSCHUTZKLAGE ERFOLGREICH Mit Erfolg. Die Kündigungsschutzklage war sowohl vor dem Arbeitsgericht Oberhausen als auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf erfolg- reich. Die Düsseldorfer Richterinnen und Richter bejahten zwar an sich eine schwere Pflichtverletzung nach § 626 Abs. 1 BGB aus dem Arbeitsvertrag. So sei 18 die Äußerung auf Facebook geeignet gewesen, das Ansehen der Arbeitgeberin zu beeinträchtigen. Grund- sätzlich könne sich der Arbeitnehmer aber privat äußern, wie er wolle. Dabei spiele es noch nicht einmal eine Rolle, ob er einen Straftatbestand, wie vorliegend den der Volksverhetzung nach § 130 StGB, erfüllt habe. Auf der Facebook-Seite war erkennbar, bei welcher Firma der Schlosser arbeitete. Damit fielen die Billigung von Gewalt und seine antisemitischen Äußerungen auch auf den Arbeitgeber zurück. Dieser Umstand begründet dem LAG zufolge den schwerwiegenden Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht des Mitarbeiters, weil er das Unternehmen der Gefahr einer erheblichen Rufschädi- gung aussetzt. Das LAG räumte außerdem ein, dass die Äußerungen „menschenverachtend“, „gewaltverherrli- chend“ und „antisemitisch“ seien und unter Umständen sogar strafrechtlich gemäß § 130 StGB relevant sein könnten, eine Kündigung aber trotzdem unwirksam sei. Der Bezug zum Arbeitgeber sei veraltet und wohl unbe- absichtigt gewesen, weshalb eine Abmahnung ausge- reicht hätte. Es könne kein vorsätzliches Handeln im Hin- blick auf die hier relevante arbeitsvertragliche Pflichtver- letzung festgestellt werden, so das LAG (LAG Düssel- dorf, Urteil vom 8. Oktober 2024 – Az. 3 SLa 313/24). Außerdem habe er die Posts außerhalb seiner Arbeits- zeit verfasst, ohne dienstliche Mittel zu nutzen und ohne seine aktuelle Arbeitgeberin direkt zu erwähnen. Das LAG Düsseldorf machte in seiner ausführlichen Urteilsbegründung deutlich, dass das private Verhalten von Arbeitnehmenden grundsätzlich außerhalb der Ein- flusszone der Arbeitgebenden liege, auch wenn es in sozialen Netzwerken stattfinde. Nur dann, wenn eine klare Verbindung zum Arbeitsverhältnis bestehe und dadurch konkrete betriebliche Interessen beeinträchtigt würden, könne ein Verhalten außerhalb der Arbeitszeit arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, so das LAG Düsseldorf. Entscheidend ist immer der Bezug zum Unternehmen. Ein privates Fehlverhalten kann nur dann zur Kündigung führen, wenn der Arbeitgeber konkret betroffen ist – etwa durch Rufschädigung, Imageschäden oder eine Störung des Betriebsfriedens. Diese Auswir- kungen müssen belegt werden. Jessica Mathieu 03-2025